Mahnwache für Menschlichkeit: Die Bergedorfer Grünen unterstützen den Protest der Hamburger*innen und fordern eine Rückkehr zum Respekt des Kirchenasyls
Pressemitteilung des Kreisverbandes und der Bezirksfraktion in Bergedorf
Am Nachmittag des 8. Oktober haben zahlreiche Menschen in Hamburgs Innenstadt gegen die Abschiebung aus dem Kirchenasyl an einer Mahnwache teilgenommen. Am 30. September wurde ein schwer erkrankter Flüchtling mitten in der Nacht aus der katholischen Heilige-Elisabeth-Pfarrgemeinde in Hamburg-Bergedorf geholt und abgeschoben. Polizei und Ausländerbehörde waren in den geschützten Raum der Kirche eingedrungen – das ist ein Tabubruch in Hamburg und darf sich nicht wiederholen!
Das Kirchenasyl hat eine jahrhundertealte Tradition in Deutschland und gilt als eingespieltes Verfahren zwischen Behörden und Kirchen. Jeder einzelne Fall wird äußerst streng überprüft und ist für die betroffenen Menschen meist der letzte Hoffnungsschimmer. Wir sehen den Bruch mit dieser Tradition als ein fatales Signal angesichts des immer stärker werdenden Rechtsrucks und der Herabwürdigung von Menschen mit Migrationshintergrund. Wir fordern eine Rückkehr zum Respekt des Kirchenasyls.
Dazu Jennifer Jasberg, Kreisvorsitzende der Grünen Bergedorf: „Die heutige Kundgebung macht deutlich, dass Menschlichkeit weiterhin eine Herzensangelegenheit vieler Hamburger*innen ist. Sie ist eine Antwort auf die vom Flüchtlingsseelsorger, Diakon Petrausch, heute verlesene Frage des abgeschobenen Javid: „Ist die Menschheit tot?“ Der Tabubruch nach über 40 Jahren sorgt sichtbar für Entsetzen und Fassungslosigkeit bei den Kirchenvertreter*innen und den Ehrenamtlichen. Der behördliche Alleingang wird von uns Grünen in Bergedorf ebenso stark kritisiert wie von der Landesebene und wir fordern, dass das Kirchenasyl erneut respektiert wird. Kirchliche Räumlichkeiten waren für die Polizei lange ein Tabu, das nicht nur in Hamburg zu bröckeln scheint. Nach einem Abschiebevorgang im Frühjahr in Niedersachsen, der für Aufsehen sorgte, bestätigte die dortige Innenministerin, dass aus dem Land zunächst keine Abschiebungen mehr aus dem Kirchenasyl stattfinden werden. Eine solche Feststellung wünschen wir uns auch für Hamburg.
Die Ungewissheit über die Zukunft des in Hamburg aus dem Kirchenasyl abgeschobenen jungen Afghanen ist sehr belastend. Für mögliche weitere Betroffene, aber auch für die vielen Engagierten in der kirchlichen Flüchtlingsarbeit, die nicht wissen, wie es weiter geht.“
Dazu Nils Potthast, Fraktionsvorsitzender der GRÜNEN Bezirksfraktion Bergedorf: „Wir sind dankbar, dass sich in unserem Bezirk Menschen engagieren, die Schutzbedürftigen Zeit und Unterstützung schenken. Das Kirchenasyl ist ein altes humanitäres Schutzinstrument für Menschen, denen unzumutbare Härten drohen. Der betroffenen Person wird nach einer sorgfältigen Prüfung und intensiven Abwägung durch die jeweilige Gemeinde Unterstützung zugesichert, indem sie zeitlich befristet aufgenommen wird. Da es sich insgesamt um sehr wenige Personen handelt, ist das in der Rot-Grünen Koalition nicht abgestimmte Vorgehen der Innenbehörde als fatales Symbol zu bewerten. Wie auch der Flüchtlingsrat kritisieren wir den Vorgang aufs Schärfste und bitten um mehr Mut zur Menschlichkeit in diesen bewegten Zeiten. Als Grüne Bezirksfraktion haben wir deshalb bei der Innenbehörde ein Auskunftsersuchen zu dem Vorgang eingereicht. Wir fordern die Behörde auf, die Hintergründe dieses Eingriffs offen zu legen und ihre Entscheidung zu erklären. An dieser Stelle gilt mein besonderer Dank der Grünen Bürgerschaftsabgeordneten Mareike Engels für ihre klaren Worte auf der heutigen Kundgebung am Jungfernstieg.“