11. Mai 2020

Vita

Meine Lebensgeschichte hat nicht zwingend hergegeben, dass ich mich für die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung entscheiden würde. Ich habe noch vor Vollendung des 18. Lebensjahres alleine gelebt nach zuvor vielfach familiär bedingter häufiger Wohnortwechsel in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.

Meine Lebensgeschichte hat nicht zwingend hergegeben, dass ich mich für die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung entscheiden würde. Ich habe noch vor Vollendung des 18. Lebensjahres alleine gelebt nach zuvor vielfach familiär bedingter häufiger Wohnortwechsel in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.
Nicht selten erklärten mir Lehrende während meiner Schullaufbahn, dass aus Menschen wie mir nichts werden könne. In meiner Jugend hat es verschiedene Phasen gegeben, die mich auf einen vermutlich weniger erfolgreichen Weg gebracht hätten. Mich trieb dies aber stets an, auch Dinge ändern zu wollen. Während der Schulzeit habe ich über die Koordination bei „Schüler Helfen Leben“ erste Kontakte in die politische Sphäre gehabt und über die Schülerinnenvertretung dazu beigetragen, dass der Samstagsunterricht abgeschafft wurde – was damals so ziemlich das Großartigste war, das jemals jemand hätte erreichen können. Mein Abitur habe ich mir finanziell mit Aushilfsttätigkeiten ermöglicht und dann voller Begeisterung festgestellt, dass mir 550€ Bafög monatlich zustehen, allein, um mich damit zu befassen, was mich wirklich interessiert. Ich zog nach Göttingen und studierte voller Elan, u.a. Arabisch. Aufgrund meines breiten Interesses erbrachte ich in mehreren Fächern ausreichend gute Leistungen, um von der Studienstiftung des Deutschen Volkes unterstützt zu werden und erhielt dadurch die Möglichkeit, nicht nur fünf Fächer zu studieren, sondern auch diverse Auslandsaufenthalte zu finanzieren. Das Studium, insbesondere das Leben im Nahen Osten, beispielsweise im Beiruter Orient-Institut, haben mich sicher maßgeblich geprägt und diese Erfahrungen mir sehr bewusst gemacht, wie sehr es lohnt, für ein stabiles System und Demokratie zu kämpfen. Nebenbei wuchs ich seit 2003 bei den Göttinger Grünen in die Parteistrukturen, lernte Flügel kennen und Machtspielchen und hatte bei all dem doch große Freude, als junge Frau ernst genommen in politisches Geschehen eingreifen zu dürfen. Im Kreisvorstand machte ich erste Erfahrung in konkreter Parteiarbeit. Göttingen war schon damals ein Ort, an dem uns viele Stimmen zufielen, der Wahlkreis von Jürgen Trittin und mit einer sehr großen, aktiven Mitgliederbasis. Auf Anfrage von der Europaabgeordneten Rebecca Harms verschlug es mich 2005 für ein halbes Jahr nach Brüssel. Dort lernte ich meinen Co-Praktikanten Jan Philipp Albrecht kennen. Etwas Zeit ging ins Land, ich beendete beide Magisterstudiengänge in der Regelstudienzeit und erhielt dafür noch einen gut dotierten Wissenschaftspreis, der mir den Umzug nach Hamburg finanziell erleichterte. Zur Europawahl 2009, als ich mich in Yale um eine Promotionsförderung bewarb, tauchte der von Visionen getriebene Jan Philipp Albrecht auf mit der Idee, in Europa für einheitliche Datenschutzregeln zu kämpfen, bevor die Industrie die Maßstäbe setzte. Gefühlt kurze Zeit später und vom intensiven Wahlkampf geschunden, waren wir in seinem Abgeordnetenbüro erneut zusammen in Brüssel, arbeiteten Tag und Nacht und er wurde nach kurzer Zeit zum Berichterstatter der Europäischen Datenschutzgrundverordnung ernannt. Nach „nur“ acht Jahren durften wir dann 2018 feiern, dass wir mit unserem Team wirklich einen weltweiten Standard im Interesse der Bürger*innenrechte gesetzt hatten. Währenddessen wechselte ich aus dem Brüsseler Büro in den Hamburger Wahlkreis.


Sicher weiß ich, wie viel Zeit politische Ziele beanspruchen können und wie Kompromisse zu erarbeiten sind.
Meine geplante Promotion zum Thema „Schiitische Netzwerke in der Diaspora“ beendete ich zugunsten meiner politischen Tätigkeiten, als ich 2017 auf Platz 3 der Grünen Landesliste für den Bundestag kandidierte. Über die vergangenen Jahre habe ich als Kreisvorsitzende im schönen Bergedorf und Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Demokratie und Recht versucht, ehrenamtlich meinen eigenen politischen Interessen nachzugehen und so viele tolle Menschen mit Visionen getroffen, dass es mich immer bestärkt hat, hier Zeit sinnvoll investiert zu haben.
Als Robert Habeck seinen Ministerposten in Kiel aufgab, um in den Grünen Bundesvorstand zu gehen, wurde Jan Philipp Albrecht dessen Nachfolger und ich nutzte die Gelegenheit, ihn ins Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und Digitalisierung (Atomaufsicht fehlt im Namen) zu begleiten. Der Blick in die Verwaltung und auf die Mechanismen einer Landesregierung waren bei all der Anstrengung, die tägliches Pendeln so mit sich bringen, eine große Bereicherung. Man versteht, was passiert, wenn engagierte Ideen auf überlastete Strukturen treffen und übt sich in Vermittlung.

Obwohl ich als politische Koordinatorin entscheidende Möglichkeiten hatte, politisch zu gestalten, habe ich mich 2019 entschieden, selbst für die Bürgerschaft zu kandidieren. Ich möchte mit meinen eigenen Positionen vortreten, weil ich glaube, dass die Zeiten selten politischer waren als jetzt und weil ich in dieser Krisensituation meine Erfahrungen einbringen und noch stärker Verantwortung übernehmen möchte.
Die Bekämpfung struktureller Benachteiligung von Frauen und der latenten Bedrohung durch faschistische Ideologien sind für mich nach wie vor Motor meines politischen Handelns. Ich liebe es, für Menschen- wie Bürger*innenrechte an der Seite anderer gesellschaftlicher Akteur*innen zu streiten. Bei all dem schlägt mein Herz natürlich Grün, denn es gilt beständig: Umwelt ist nicht alles, aber ohne Umwelt ist alles nichts!
Politik ist für mich seit vielen Jahren Teil meines Alltags und der Anspruch, diese Gesellschaft positiv weiterentwickeln zu dürfen, motiviert mich stetig. Ich bin begeistert vom Leben und hoffe, dass meine Lebensfreude ansteckend ist in all meinem Tun. Wenn Politik mal nicht im Fokus ist, kommt zwar Sport nicht über das nötige Maß vor, aber ich liebe es, unter Menschen zu sein, auf Konzerte zu gehen oder die Natur zu erleben.


Ich habe der Zeitschrift Tina ein Interview gegeben zum Thema Gewalt gegen Frauen anlässlich des internationelen Tages gegen Gewalt an Frauen.