Oberbillwerder
Ein Großteil der Hamburger*innen befürwortet die zusätzliche Schaffung von Wohnraum zur Entlastung des Mietmarktes und das Hamburger Bündnis fürs Wohnen setzt auf die Genehmigung von 10.000 Wohnungen pro Jahr. Bergedorf wird dieser Verpflichtung nachkommen und hat im Zuge der Planungen von Oberbillwerder Flächenpotentiale in den Vier- und Marschlanden gestrichen, um der Verstädterung der Landregion entgegen zu wirken.
Hamburg bekommt einen neuen Stadtteil mit Modellcharakter. Der Bereich des heutigen Oberbillwerder ist schon seit den 1970er Jahren für die Stadtentwicklung vorgesehen. Lange geriet das Projekt in Vergessenheit, kam aber 2015 erneut auf die politische Agenda. Nach konzeptionellen Vorüberlegungen fiel der offizielle Startschuss für die Entwicklung von Oberbillwerder mit dem Masterplan des Senats im Jahr 2019. Die Planungen sehen einen Bau des Stadtteils vor, auf einer, mittlerweile durch die Bergedorfer Ampel-Koalition reduzierten Fläche von 118 Hektar ,umfassenden Fläche nördlich der S-Bahn-Station Allermöhe, die bisher für konventionelle Landwirtschaft genutzt wird.
Der Planungsprozess ist durch eine intensive Beteiligung der Bürger*innen vor Ort begleitet worden – von Beginn an. Es fanden über zehn öffentliche Veranstaltungen statt, es gab Online- und Schüler-Dialoge, Besuche an den Haustüren in der Nachbarschaft und viele Informationstermine. Zuletzt – im April dieses Jahres – fand die Öffentliche Plandiskussion in Bergedorf statt.
Oberbillwerder wird aus fünf Quartieren bestehen, die eigenständige Stadträume bilden. In den Quartieren wird es verschiedene Wohnangebote für Menschen unterschiedlicher Einkommens-, Alters- oder Lebenssituationen geben. Dabei wird sowohl der Hamburger Drittelmix eingehalten, wie auch ein Anteil für Baugemeinschaften von bis zu 20 Prozent umgesetzt. Das Ziel des Senats ist es, ein breites Angebot an bezahlbarem Wohnraum zu schaffen. Das serielle Bauen, der freifinanzierte 8-Euro-Wohnungsbau sowie die Vergabe von Grundstücken im Erbbaurecht gehören mit dazu. Insgesamt entstehen zu 85 Prozent Mehrfamilienhäuser und nur zu 15 Prozent Stadt- und Einfamilienhäuser – mit dem Ziel, möglichst wenig Fläche in Anspruch zu nehmen. Oberbillwerder wird zudem keine Schlafstadt. Über 4.000 Arbeitsplätze werden direkt im Stadtteil entstehen – u.a. in Handwerkerhöfen und Räumen für Co-Working. Hinzu kommen ein Schulcampus mit Stadtteilschule und Gymnasium, zwei Grundschulen und bis zu 14 Kitas.
Knapp 30 Prozent der Gesamtfläche von Oberbillwerder – ca. 34 Hektar – werden Grün- und Wasserflächen sein. Die Quartiere sind nicht als Betonwüste geplant, sondern als ein grüner und klimaschützender Stadtteil, der durch neuartige Landschaftsachsen – den sog. Green Loop – eng miteinander verbunden sein wird. Auch soll sich Oberbillwerder aus erneuerbaren Quellen selbst mit Energie und Wärme versorgen. Mit Gründächern und Regenwassermanagement wird der Gefahr von Überflutungen bei Starkregenereignissen vorgebeugt. Aktivitätsparks für Sport im Freien (Active City), ein Schwimmbad und neue Orte der Begegnung. Plus: Oberbillwerder wird die Naturschutzgebiete Reit und Boberger Niederung vernetzen, die durch das Naturschutzgebiet Allermöher Wiesen 2017 nochmals aufgewertet wurden. Abgesichert wird dies durch den Vertrag für Hamburgs Stadtgrün, in dessen Rahmen vereinbart worden ist, den Zweiten Grünen Ring in Hamburg von Bebauung weitestgehend freizuhalten. Insgesamt nimmt die Fläche von Naturschutzgebieten in Hamburg, vor allem in Bergedorf stetig zu und liegt bei etwa 10 Prozent.
Auch in den benachbarten Stadtteilen Bergedorf-West und Neuallermöhe ergeben sich Vorteile durch den Bau von Oberbillwerder. Zwar wird in der Bauphase an einigen Stellen der Verkehr – z.B. durch LKW-Fahrten – intensiviert. Mittel- und langfristig werden die angrenzenden Stadtteile aber ruhiger. Denn: Nur durch den Bau von Oberbillwerder wird auch für Neuallermöhe endlich Lärmschutz entlang der Bahnstrecke Hamburg-Berlin geschaffen. Ohne den Bau des neuen Stadtteils hätte Neuallermöhe keinen Anspruch darauf, da der Rechtsanspruch gegenüber der Stadt bereits verjährt ist. Ebenso wichtig: Oberbillwerder wird den alten Dorfkern von Billwerder nicht verändern und respektvoll Abstand halten.
Studierende und Forschende beleben nachgewiesenermaßen Stadtteile, sie bringen Kreativität und Kultur mit. Aus diesem Grund ist begrüßenswert, dass die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) ein Teil von Oberbillwerder wird. Die Fakultät Life Sciences mit ihren sieben Abteilungen und ihren knapp 4.000 Studierenden soll vom derzeitigen Bergedorfer Standort am Ulmenliet in den neuen Stadtteil umziehen. Damit bleibt die HAW Hamburg ein fester Bestandteil des Bezirks Bergedorf. Auf diesem Weg gelingt es Hamburg, neben der Science City Bahrenfeld einen weiteren Ort zu schaffen, der Forschen, Leben und Arbeiten verdichtet miteinander verbindet. Und das auf einem so wichtigen Feld wie der Medizintechnik und Gesundheitsforschung, die in der Phase der Corona-Pandemie noch einmal deutlich an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen haben.
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